14.10.04

Mitleser

Ich habe inzwischen begriffen, daß Ihr im Zug oder auch in Bus und Bahnneben mir sitzt. Ich habe begriffen, daß es Euch völlig egal ist, ob ich eine Zeitung, eine Zeitschrift, ein Buch lese, ob ich am Laptop oder in ein Notizbuch schreibe. Ihr lest einfach alles. Schamlos wahllos.

Aber daß es auch seit kurzem auch an Straßenbahnhaltestellen gibt, das ist neu – und unerträglich. Bitte, wenn ich einen Schritt nach rechts mache, ist das keine Aufforderung, diese Distanz schnellstmöglich wieder zu verkürzen. Wenn ich böse schaue, dann ist das keine Einladung, noch näher zu kommen. Ich möchte mein Buch lesen. Für mich. In Ruhe. Ich möchte Distanz.

Und: Warum gibt es eigentlich keine Mitleserinnen? Denken Frauen einfach nur daran, sich eine eigene Lektüre einzupacken, haben sie mehr Taktgefühl oder schlichtweg kein Interesse?