4.12.05

Heidelberg

Diese wahnsinnig überschätzte Stadt. Klar, steht in jedem deutschen Reiseführer, deshalb kommen die ganzen Japaner und Amerikaner ja alle hierher und das ist sicherlich ein Grund, warum ich diese Stadt so hasse. Ja, ich hasse sie. Am liebsten würde ich nie wieder hierher fahren. Das geht leider nicht. Aber der Reihe nach.
Nehmen wir einen ganz normalen Sonntag im Dezember. Es regnet, eigentlich ein ideales Wetter, um sich in ein kleines Café in der Innenstadt zu setzen. Wer allerdings glaubt, dass man an einem Sonntag einigermaßen entspannt durch die Heidelberger Innenstadt laufen kann, irrt. Gewaltig. Um zu einem solchen kleinen Café zu gelangen, muss man sich nämlich an unzähligen Menschen vorbeischieben. Diese sind mit Kinderwagen bewaffnet. Oder mit kleinen unförmigen Hunden. Oder Regenschirmen. Oder am besten mit allem auf einmal. Dass was diese Leute machen, nennt man wohl spazieren gehen. Doch eigentlich ist es hre Aufgabe, so im Weg rumzustehen, dass andere kaum an ihnen vorbei kommen. Hinzu kommt, dass diese Menschen allesamt aus dem Umland kommen. Das führt dazu, dass sie eine Sprache sprechen, die wohl vom Deutschen abstammt, allerdings so bescheuert klingt, dass man all diese Menschen für unzurechnungsfähig, provinziell oder einfach dumm hält.
Diese Menschen schieben sich also durch die Innenstadt, vorbei an den Geschäften, die es in jeder deutschen Stadt gibt. Und da es neben dieser Innenstadt kaum andere Attraktionen gibt, gestaltet sich die Suche nach einem Café als sehr sehr schwierig. Während das eine von Studenten mit Notebooks besiedelt ist (Kostenloses W-Lan), ist der Eingang des anderen durch Kinderwagen verstellt, so dass nicht einmal ein Eintreten möglich ist. So landet man dann doch wieder im Café Journal. Und auch dieses Café ist so typisch für diese Stadt. Die Bedienung ist grundsätzlich unfreundlich. Bis man seine Bestellung aufgeben kann, vergehen Stunden. Bestellt man dann einen Kaffee mit und einen ohne Vanille-Aroma und fragt bei Lieferung, welcher nun mit dem Zusatz und welcher ohne ist, erhält man immer eine Antwort. Nur nie die richtige. Das führt dazu, dass eines der Getränke nicht mehr genießbar ist, weil man - auf das Gute im Menschen vertrauend - eine ordentliche Ladung Zucker in den Kaffee gießt. In den falschen, nämlich den mit Aroma.
Aber nicht nur die Bedienung in diesem Laden ist ein Graus. Denn obwohl dieses Café "Journal" heißt, sieht man es sehr ungern, wenn Menschen dorthin kommen, um die Zeitung zu lesen. Das führt dazu, dass bei einbrechender Dunkelheit, also so gegen vier, das erste Mal das Licht per Dimmer heruntergedreht wird. In 15-minütigen Abständen wird es immer dunkler, so daß man ab 17 Uhr jede Lesetätigkeit einstellen muss. "Gemütlich" nennt die Bedienung das auf Nachfrage. Ich nenne es schlicht "eine Frechheit".
Genervt verlässt man daraufhin das Lokal, um sich dann wieder durch die Innenstadt zu schieben. Mittlerweile haben auch die alten Damen und Herren ihren Kaffee ausgetrunken und "spazieren" durch die Straße. Der Regenschirm darf nicht fehlen. Kommt man dann irgendwann doch noch am Auto an, ist die Stimmung im Keller, der Hass auf die Menschheit groß - sprich der Sonntag ist gelaufen.
Doch Heidelberg ist nicht nur an einem Sonntag ungenießbar. Die Stadt hat zwar einen Fluss, aber auch dieser eignet sich nicht, ihn zu mögen. Wer an seinem Ufer entlang laufen will, muss sich ebenfalls an Menschenmassen vorbeidrücken. Wer im Sommer auf der nahegelegenden Neckarwiese ein wenig verweilen möchte, kann dies lediglich mit unzähligen Studenten, Bierflaschen oder Grillgesellschaften tun. Sowieso der Sommer. In dieser Jahreszeit kann man Heidelberg ebenfalls vergessen: Wegen der Berge steht die Luft, es ist drückend heiß.
Ich könnte noch mehr Gründe gegen Heidelberg benennen. Zum Beispiel den völlig beschissenen öffentlichen Nahverkehr. Die irrationale Straßenführung. Die überhöhten Mieten. Die teuren indischen Restaurants. Aber es hilft nichts. Solange der Mann meines Herzens in dieser Stadt lebt, werde ich immer wieder zurückkommen müssen. Einziger Ausweg ist, ihn hier wegzulocken. Doch wie stelle ich das bloß an?